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PRESSE: Speeddating beim Job: So unterhaltsam läuft der Berufsparcours in der Hiller VerbundschulePRESSE:

Eintrag vom 22. August 2023

Mehr als ein erstes Hineinschnuppern ist es sicherlich nicht, dafür aber effektvoll. Schon so mancher habe beim Berufsparcours sein Talent für einen Ausbildungszweig entdeckt, sagt Karin Ressel. Die Chefin des Technikzentrums hat mit ihrem Team am Montagvormittag in die Aula der Verbundschule eingeladen. Dort stellen sich Firmen, Behörden oder auch die Hiller Feuerwehr vor. Alles wirkt recht locker und beinahe spielerisch. Doch hinter allem steckt auch ein enormes Problem.

Denn Deutschland ächzt unter dem Fachkräftemangel. Nahezu überall fehlt es momentan an beruflichem Nachwuchs. Die Bemühungen, eine Kehrtwende zu erzielen, halten Politik, Wirtschaft und Pädagogik in Atem. In der Hiller Verbundschule setzt man schon lange darauf, möglichst früh den Kontakt zwischen den Schülern und Arbeitsmarkt herzustellen. Bewusst sei auch dieser Termin für den Berufsparcours gewählt worden, sagt Schulleiter Dirk Schubert im Gespräch mit dem MT. „Nach den Herbstferien geht es für die Neuntklässler in ein Praktikum“, erklärt er. So bestehe für alle jetzt noch einmal die Chance für ein Ausloten der eigenen Fertigkeiten.

Eine Gelegenheit, die von den überwiegend 14-Jährigen gerne wahrgenommen wird – obwohl sich von denen offensichtlich nur wenige bislang auf eine Branche festlegen wollen. Die meisten sagen gegenüber dem MT, dass sie sich alles noch offen halten. Vivian Derksen beispielsweise hat hingegen fest vor, ihr Hobby zum Beruf zu machen. „Ich werde Pferdewirtin“, sagt sie. Dieser Job eröffne Perspektiven und die Tätigkeit reiche vom Büro bis zum Umgang mit den Tieren.

Beim Berufsparcours geht es grundsätzlich auch gar nicht darum, dass sich die jungen Leute auf etwas festlegen. Entscheidend sei, dass sie die Initiative ergreifen und sich selbst auf die Suche nach dem passenden Job machen, sagt Karin Ressel. Daran hapere es oft und deshalb sei es so wichtig, mit dieser Veranstaltung dagegen zu halten. Teenager seien angesichts der Auswahlmöglichkeiten häufig überfordert und die Zahlen, die sie nennt, lassen manchen schwindlig werden: Allein 1.000 verschiedene Ausbildungsberufe gibt es und bei Studiengängen seien es rund 19.000. Der passende Job scheint wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Doch die Technikzentrum-Chefin sieht das so nicht. Jugendliche müssten nur lernen, dass sie selbst für ihre berufliche Zukunft verantwortlich sind. „Und nicht nur eine Ausbildung machen, weil die Eltern das so erwarten.“

Der Fachkräftemangel schwebt selbstverständlich im Raum, aber bei den Verbundschülern ist das an diesem Morgen eher weniger das Thema. Die Jugendlichen hören zu und setzen beispielsweise Schaltkreise zusammen. Jaron Lüer ist dabei besonders geschickt. An einem Stand für Systemtechnik meistert er sogar die schwierigeren Herausforderungen und Moritz Rathert ist davon beeindruckt. „Vielleicht ist das ja ein Fingerzeig für deinen künftigen Beruf“, sagt der 23-Jährige Elektroniker-Azubi. Ähnliche Erfahrungen werden auch an den weiteren Ständen gemacht und jeder scheint aus dieser Veranstaltung etwas Positives zu ziehen. Exakt das sind die Effekte, auf die man zielt. „Selbst wenn hier einer merkt, dass eine bestimmte Tätigkeit nichts für ihn ist, ist das doch ein Erfolg“, meint der Verbundschulleiter. Dirk Schubert lässt durchblicken, dass es bei der Suche nach dem richtigen Beruf auch hilfreich ist, wenn einem bewusst ist, was man nicht kann. So sieht das auch Karin Ressel.

„Wer kein Metall riechen kann, sollte die Finger davonlassen“, sagt sie. Der Chefin des Technikzentrums ist anzumerken, dass sie mit der Veranstaltung einiges anschiebt. In der Aula werden zahlreiche Fragen gestellt und beantwortet. Dabei geht es vor allem um das Arbeitsumfeld. „Aber auch um Grundvoraussetzungen oder Karrieremöglichkeiten“, sagt Azman Shaa. Der 22-Jährige ist im vierten Jahr seiner Ausbildung bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung in Minden (WSV). Und womöglich ist es der vergleichsweise geringe Altersunterschied zu den Jugendlichen, dass es in den Gesprächen grundsätzlich sehr niederschwellig zugeht.

Für die Firmen und Behörden ist der Berufsparcours die willkommene Gelegenheit, sich vorzustellen. Die Bundeswehr ist mit dabei und die Feuerwehr erfreut sich laut Karin Ressel ganz besonderer Beliebtheit. Wehrführer Sven Bredebusch und sein Team sind mit Fahrzeugen vor Ort und erläutern die Aufgaben und Karrieremöglichkeiten in den Löschgruppen – sowohl bei der freiwilligen als auch der hauptberuflichen Feuerwehr.

Weil das Interesse der Verbundschüler ganz offensichtlich für die vorgestellten Berufe groß ist, bleibt der Fachkräftemangel trotzdem das Thema. Beim Handwerk ist das Problem besonders akut, aber auch andere Branchen leiden unter Personalnot. So ist unter anderem die Diakonie vor Ort, die für einen Bereich steht, der besonders davon betroffen ist: die Pflegebranche. Aber auch im Öffentlichen Dienst ist die personelle Decke längst nicht mehr so gut bestückt, wie noch vor Jahren. „Wir spüren das momentan enorm“, sagt Wilfried Grötemeyer.

Der Ausbildungsleiter bei der Wasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung erzählt gegenüber dem MT davon, dass die Nachfrage an Ausbildungsplätzen in den vergangenen Jahren enorm zurückgegangen sei. Noch vor gar nicht langer Zeit flatterten ihm jährlich bis zu 150 Bewerbungen auf den Schreibtisch. „Zuletzt waren es nur noch 28“, sagt er. Seine Behörde habe inzwischen darauf reagiert und den Stichtag abgeschafft. Mittlerweile lote man die Besetzung der elf Ausbildungsplätze alle vier bis sechs Wochen neu aus. Woran es liegt, dass die Zahl an Bewerbungen dermaßen gefallen ist, kann er nur mutmaßen: „Ich denke, die meisten denken, dass sie möglichst lange zur Schule gehen sollten.“

Quelle: https://www.mt.de/lokales/hille/Speeddating-beim-Job-So-unterhaltsam-laeuft-der-Berufsparcours-in-der-Hiller-Verbundschule-23643241.html

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