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PRESSE: Verschlossene Erinnerungen: Hiller Abschlussklasse vergräbt Zeitkapsel an einem geheimen Ort

Eintrag vom 3. Juni 2023

Silbrig glänzend liegt ein Metallzylinder auf dem Lehrerpult der Klasse 10b der Verbundschule Hille. Was sich darin verbirgt, ist ein Geheimnis, sagt zumindest Klassenlehrer Stefan Schubert. Die schwarze Aufschrift auf dem Metall warnt auf Englisch in großen Druckbuchstaben „Please do not open until 5th June 2033“. Was ist das? Es handelt es sich um eine Zeitkapsel, die die Hiller Klasse anlässlich ihres Realschulabschlusses vergraben will. In zehn Jahren, exakt am 5. Juni 2033, wollen sie sich wiedersehen und den Metallzylinder wieder ausgraben.

Das wird für alle Beteiligten zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. „Es soll für uns eine Überraschung werden, was sich darin verbirgt“, sagt Schüler Milan Schmidt. Ein paar Hinweise geben die Jugendlichen trotzdem, was sich in der Kapsel befinden könnte. Jennifer Lange verrät beispielsweise, dass sie ein Zettelchen mit ihren Prüfungsergebnissen darin verstauen möchte. Auch ein Stift des Technologieunternehmens Apple könne sich darin verbergen. „Schließlich waren wir eine der ersten Tabletklassen unserer Schule“, sagt Lehrer Schubert.

Neben weiteren persönlichen Gegenständen seien Briefe über Berufs- und Zukunftswünsche in der Kapsel, erzählt Schülerin Joy Schmidt. Außerdem ein Text, in dem die Jugendlichen auf ihre Schulzeit mit vielen Anekdoten aus der Zeit seit der fünften Klasse zurückblicken. Die 16-Jährige schreibt in ihrem Brief an ihr Zukunfts-Ich, über ihren Wechsel an die Verbundschule und was sie dort erlebt hat. Die Corona-Pandemie und die Klassenfahrt nach Berlin seien prägende und einschneidende Erlebnisse, an die sich die Schüler noch lange erinnern werden.

Persönliche Wünsche und Zukunftspläne

Die Kapsel dürfte so manche Erinnerung wecken. „Eine schöne Unterkunft hatten wir in Berlin“, sagt Mitschüler Tobias Lüttge lachend. Die Klasse stimmt in sein Lachen ein, man habe das Beste aus der Situation gemacht, man sei sowieso viel unterwegs und wenig auf den Zimmern gewesen. Die Berliner Mauer und das Olympiastadion wurden erkundet, eine Tour im Bunker unternommen, ein Basketballspiel von Alba Berlin und das Training vom Fußballclub Hertha BSC angeschaut. Ein volles Programm für vier Tage, an denen es nicht langweilig wurde. Ob das die Schüler 2033 noch so genau wissen? „Etwas herausfordernd waren die öffentlichen Verkehrsmittel“, sagt Tobias Lüttge. S-Bahnen, U-Bahnen und deren Liniennetze haben die Schüler vor manch schwierige Aufgabe gestellt. Eventuell befinde sich ein Stück der Berliner Mauer in dem Zylinder, lassen die Jugendlichen mutmaßen.

Die Wünsche an die eigene Zukunft sehen unterschiedlich aus. Aus dem Dorf rauskommen, das hat sich Milan Schmidt für die nächsten zehn Jahre vorgenommen. Bevor er so weit ist, möchte der 16-Jährige eine Tischler-Ausbildung absolvieren und danach seinen Meister machen, um sich einen eigenen Betrieb aufzubauen. Im Ausland zu arbeiten, das könne er sich danach gut vorstellen. Kanada und Neuseeland, diese Länder möchte er auf jeden Fall einmal sehen. Eine „coole Idee“ sei die Zeitkapsel, findet er. Und in zehn Jahren könne er erfahren, ob aus seinen vielen Plänen als Teenager etwas geworden ist oder nicht.

Von ihrem Lebensweg nach dem nahenden Realschulabschluss hat auch Joy Schmidt eine bestimmte Vorstellung. Auch sie zieht es in die Ferne: Bei dem Klassentreffen in zehn Jahren möchte sie auf eine Weltreise zurückblicken. „Ich will so viel wie möglich sehen. Städte, berühmte Orte – so viel es geht.“ Das nächste Etappenziel sei zunächst das Abitur. „Und dann Medizin studieren.“ Große Pläne schmiedet ebenfalls Mitschülerin Emma Schlotzhauer. Sie wechselt zunächst an das Lübbecker Wittekind Gymnasium. „Nach dem Abi, hoffe ich auf einen Studienplatz im Fach Literatur.“ Und irgendwann ein selbst geschriebenes Buch veröffentlichen, das sei ein großer Traum von ihr.

Ob sie ihre selbst gesteckten Ziele erreichen, darauf ist auch Lehrer Stefan Schubert gespannt. Am kommenden Mittwoch, 7. Juni, haben seine Schülerinnen und Schüler ein erstes Ziel erreicht: Nach fünf Jahren an der Verbundschule Hille haben sie den Realschulabschluss in der Tasche – darüber freuen sich die insgesamt 27 Schüler der 10b. Ein bisschen Wehmut schwinge aber eben auch mit. Damit das Wiedersehen in zehn Jahren ein „richtiges Event“ wird, hat sich Klassenlehrer Stefan Schubert das Zeitkapsel-Projekt einfallen lassen. Die spontane Idee stamme von einem Kollegen aus Amerika. Seine Klasse sei sofort begeistert gewesen von dem Einfall. In den Vereinigten Staaten seien solche Kapseln seit dem 19. Jahrhundert weit verbreitet.

Standort bleibt ein Geheimnis

„Häufig verstreut es sich nach dem Abschluss, das ist schade“, sagt Stefan Schubert. Die Zeitkapsel sei ein Grund an dem festen Termin, noch einmal zusammen zu kommen. Er habe den verschließbaren Metallzylinder im Internet bestellt um „es einfach auszuprobieren“. Die 10b ist damit die erste Klasse an der Verbundschule, die solch eine Zeitkapsel vergräbt. Wo genau der Behälter überdauern wird, hält die Klasse geheim – wegen Diebstahls- oder Vandalismusgefahr. Nur so viel sei verraten: Die Zeitkapsel wird das Schulgelände nicht verlassen.

In 80 Zentimeter Tiefe müsse die Kapsel in der Erde vergraben werden, wenn diese dort länger als zehn Jahre bleiben soll. „Das ist die Frostgrenze“, erklärt Stefan Schubert. Ob die Hiller Zeitkapsel so tief vergraben werden müsse, wird sich am Montag zeigen, sagt der Lehrer. Wasserdicht verschlossen sei der Edelstahlbehälter durch Silikondichtungen. „In dem Behälter wird die Zeit stehen bleiben, während die Jugendlichen erwachsen werden.“

Quelle: https://www.mt.de/lokales/hille/Verschlossene-Erinnerungen-Hiller-Abschlussklasse-vergraebt-Zeitkapsel-an-einem-geheimen-Ort-23579137.html

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