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Sein Leben wegwerfen?

Eintrag vom 26. Oktober 2015

Nachdem sich die ehemalige Sportmoderatorin Monica Lierhaus 2009 einer schweren Hirn-OP unterziehen musste, danach vier Jahre lang im Koma lag und bis heute behindert ist, erwähnte sie vor ein paar Monaten in einem Interwiew, dass sie diese Operation sehr bereut und heute lieber tot wäre. Das sind Worte, die im Gedächnis bleiben. Deshalb gingen diese Worte natürlich auch durch alle Nachrichten und jeder stellte sich die Frage: Darf man diese Worte wirklich laut aussprechen?

Die Meinungen auf dem roten Teppich, sowie im Internet und natürlich auch in sämtlichen Talkshows waren mehr als verschieden. Aber eigentlich ist es doch völlig okay, dass sie sich so äußert, denn schließlich ist es ihr Leben und sie musste durch diese Hölle gehen und diese Schmerzen ertragen.

Leben mit einer Behinderung ist natürlich kein Spaziergang, das sollte wohl jedem klar sein, aber trotzdem hagelt es Kritik. Dabei ist sie doch nur ehrlich und genau das finden sehr viele Menschen, die selber mit einer Behinderung leben oder deren Verwandte, sehr gut. Denn meistens ist es für die Menschen, die sich stundenlang am Tag um ihr behindertes Kind oder um ihren behinderten Partner kümmern müssen, am schlimmsten, Sie müssen sehen, wie sich dieser Mensch manchmal nicht mal mehr bewegen kann, oder dass alles, was für einen früher total normal war, auf einmal nicht mal mehr geht.

Deswegen bewundere ich diese Menschen, die trotzt einer Behinderung nie den Lebensmut und die Lebenslust verlieren. Die trotzt alledem, was sie erleben müssen, immer noch fröhlich sind und sich auf jeden neuen Tag freuen. Aber in so einem Moment sollte man sich selber fragen, was ist, wenn es einen selber trifft? Wenn ich selber darüber nachdenke, denke ich, dass mich schnell der Lebensmut verlassen würde und somit habe ich noch viel mehr Respekt vor diesen Menschen, denen es zum Glück nicht so geht. Aber trotzdem verstehe ich Monica Lierhaus, schließlich sagt sie ja nur etwas, was wahrscheinlich viele Behinderten ebenfalls denken.

Doch trotzdem frage ich mich, kann es wirklich so schlimm gewesen sein, dass sie lieber tot wäre? Natürlich kann ich diese Frage nicht beantworten, denn schließlich musste ich noch nie das erleben, was sie erleben musste.

Aber trotzdem: Wie schlimm muss man leiden, um das eigene Leben in Frage zu stellen?

Es sind schließlich nicht nur die zahlreichen Operationen und die wahrscheinlich nie endenen Schmerzen, es sind auch die Blicke auf der Straße. Das Gemobbtwerden, als Kind in der Schule, nur weil man vielleicht ein bisschen anders aussieht als die anderen oder nicht von Anfang an alles so versteht wie die Mitschüler. Ist es überhaupt richtig, Kinder mit Behinderung an einer normalen Schule anzumelden, wenn man doch eigentlich schon voraussehen kann, dass diese Kinder es nicht leicht haben werden. Sie müssen ja vielleicht nicht mal gemobbt werden, aber ist es für sie überhaupt möglich mit dem Stoff hinterzukommen oder ist das Scheitern bei ihnen eigentlich schon im Voraus zu sehen?

Aber da man schon jedes 20. Kind weltweit (http://www.presseportal.de/pm/37342/2854188, 26.10.15) als behindert bezeichnen kann, wird es vielleicht auch immer schwieriger die passende Lernförderung zu finden und dann ist es wahrscheinlich auch besser, wenn es soziale Kontakte finden kann und nicht jeden Tag alleine in seinen Zimmer spielen muss. Schließlich sind diese Kinder auch nur Kinder und nicht, weil sie anders aussehen oder anders reden, wesensfremd.

Da in Deutschland schon mittlerweile fast jeder achte Einwohner an einer Behinderung leidet(http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article140764880/Jeder-Achte-in-Deutschland-lebt-mit-Behinderung.html, 26.10.2015), sollte man diese Menschen doch eigentlich schon als normal ansehen. Warum existiert dann noch bei vielen Jugendlichen die Beleidigung „Behindert“ und warum ist es immer noch für so viele ein komisches Gefühl, wenn sie einen behinderten Menschen treffen. Ich selber habe einen behinderten Vater und weiß wie komisch es für meine Freunde anfangs war, Kontakt zu ihm aufzubauen und ich glaube, genau das ist das Schlimme für die Personen, die mit einer Behinderung leben, den Kontakt zu vielen zu verlieren, nur weil es für sie komisch ist mit einer behinderten Person befreundet zu sein, aber genau dann kann ich Monica Lierhaus Worte verstehen, meinen Respekt hat sie auf jeden Fall!

Lisa

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