Hille-Mindenerwald (mt). Eine dicke Nebelschicht liegt auf dem See, die Temperaturen sind nah an der Frostgrenze, Tau liegt auf den Bäumen.
Eintrag vom 2. Oktober 2015
Hille-Mindenerwald (mt). Eine dicke Nebelschicht liegt auf dem See, die Temperaturen sind nah an der Frostgrenze, Tau liegt auf den Bäumen.
Plötzlich ist lauter Gesang und Klatschen zu hören. „Das ist der offizielle indianische Holzpflegegesang“, sagt Sascha Traue mit einem Augenzwinkern. Der Waldpädagoge lässt die singenden Schülerinnen und Schüler die Kälte gestern Morgen schnell vergessen.
Zusammen mit seinen Kollegen von der Biologischen Station Minden-Lübbecke leitet Traue die Projektwoche „Ökosystem Wald“ am Badesee in Mindenerwald. Die Kooperation zwischen der Biostation und der Verbundschule Hille besteht bereits seit einigen Jahren.
Ihre Schulbänke tauschen die Schüler eine Woche lang gegen ein Naturklassenzimmer mit rustikalen Sitzgelegenheiten aus Holzstämmen. Es gibt jedoch keinen Frontalunterricht, sondern es wird in kleinen Gruppen gearbeitet. Jeder Schüler darf sich als Gärtner, Jäger, Naturforscher oder Ranger ausprobieren – auch die Lehrkräfte packen mit an. Die Gärtner kümmern sich um die Bewirtschaftung einer Streuobstwiese, die Jäger lernen die verschiedenen Pflanzen und Bäume zu unterscheiden, die Naturforscher helfen beim Bau eines Insektenhotels und die Ranger befreien das Seeufer von Bäumen und Sträuchern. „Unsere Gesamtschüler wählen ab der 7. Klasse ein viertes Hauptfach. Die Schüler, die an diesem Projekt teilnehmen, haben alle Naturwissenschaften gewählt“, sagt die für das Projekt verantwortliche Lehrerin Martina Mähler.
Ziel des Unterrichts im Freien sei, den Kindern die Natur vor ihrer Haustür näherzubringen. „Wir versuchen außerdem, dem Naturraum rund um den Badesee etwas Gutes zu tun“, erzählt die Lehrerin und zeigt auf einen Unterschlupf aus Gehölz, in dem zum Beispiel Igel überwintern können. Und auch der Bestand auf der Streuobstwiese werde durch einige neu gepflanzte Obstbäume ergänzt.
Der Teil des Naherholungsgebiets Mindenerwald, in dem die Kinder arbeiteten, wurde von der Deponie Pohlsche Heide vor Jahren als Ausgleichsfläche für das Kompostwerk ausgewiesen. „Wir sind dankbar, dass uns das Gelände für unser Unterrichtsprojekt zur Verfügung gestellt wird“, sagte Martina Mähler. Außerdem stellt der Anglerverein des Kreises sein Vereinsheim für die Projektwoche zur Verfügung.
Sascha Traue ist begeistert, wie gut die Schüler mitmachen. Das erlebe er vor allem bei Kindern, die vom Dorf kommen. Mit einigen unterhält sich der Waldpädagoge sogar auf Plattdeutsch. Ihm sei es wichtig, den Schülern das Prinzip der Nachhaltigkeit zu erklären, denn nur wenn es der Welt gut geht, kann es auch den Menschen gut gehen. Dass die Schüler möglicherweise wichtigen Lernstoff verpassen, kann der Mitarbeiter der Biologischen Station nur verneinen. Wir decken in dieser Woche die Fächer Musik, Mathe, Deutsch, Physik und Chemie ab“, sagt Sascha Traue. Seine Hoffnung ist, dass dieses Projekt im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht und viel mehr Lehrer mit ihren Schülern raus in die Natur gehen.
URL: http://www.mt.de/lokales/hille/20585308_Verbundschule-verlegt-Klassenzimmer-ins-Gruene.html
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